Zwischen Schuldgefühlen und Mamasein

5/10/20252 min read

brown dried leaves on sand
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Ich sitze da, spät abends, so wie heute, nach meiner Weiterbildung, zwischen zwei Jobs und Studium, wenn das Haus endlich still ist. Der Tag war lang, laut, voll - alltäglichem Chaos eben. In mir tobt es – ein Sturm aus Gedanken, Erwartungen und dem Gefühl, vielleicht wieder nicht genug gewesen zu sein.

Es ist anstrengend.
Es ist anstrengend, wenn die Kinder klein sind, schlecht schlafen, ständig an einem kleben. Wenn der eigene Körper schon schreit: „Bitte nicht noch eine Umarmung.“ Und das schlechte Gewissen flüstert: „Reiß dich zusammen, du bist ihre Mama.“

Es ist anstrengend, wenn du endlich wieder arbeitest, versuchst, wieder „du selbst“ zu sein – und dabei zerreißt zwischen Job, Terminen, Elternabenden und der Frage, was du mit der ganzen Schuld machst, die du spürst, obwohl du eigentlich doch alles gibst.

Es ist anstrengend - auch später – wenn die Kinder größer werden.
Wenn sie dich nicht mehr brauchen wie früher. Wenn sie lieber mit Freunden sprechen als mit dir. Wenn sie die Tür zumachen und du davor stehst – mit der Frage im Kopf: Bin ich noch nah genug dran?
Wenn dich plötzlich Erinnerungen überfallen:
Hätte ich damals doch mit ihm auf den Spielplatz gehen sollen, statt einzukaufen?
Hätte ich weniger geschimpft, mehr gespielt, mehr zugehört?

Diese Fragen nagen – still, aber hartnäckig.
Und sie mischen sich mit der Sehnsucht nach Verbindung, nach dem Gefühl, noch gebraucht zu werden.
Und mit der Angst, etwas verpasst zu haben. Oder nicht genug getan zu haben.

Was ich sagen will: Das ist okay. Das ist alles okay
Du darfst zweifeln.
Du darfst trauern um vergangene Phasen.
Du darfst unsicher sein.
Und trotzdem darfst du dir glauben: Du hast dein Bestes gegeben. Und du tust es noch.

Und weißt du was? Deine Kinder dürfen auch lernen.
Sie dürfen lernen, dass Eltern keine perfekten Wesen sind.
Dass Nähe sich verändert – aber nicht verschwindet.
Dass auch Erwachsene über sich selbst nachdenken, sich entschuldigen, weiterentwickeln.

Sie lernen durch unsere Echtheit.
Sie lernen, wenn wir sagen: „Ich hab Fehler gemacht – und ich wachse daran.“
Wenn wir da sind – leise, liebevoll, zuverlässig.

Also, bitte:
Sei sanft mit dir.
Sei nicht so streng. Erwarte nicht, immer alles richtig (was bedeutet das überhaupt) zu machen. Niemand hat immer alles im Griff.
Und niemand muss das.
Das Wichtigste ist, dass deine Kinder spüren: Du bist da. Mit all deiner Liebe – auch wenn du nicht immer kannst.

Ein paar Gedanken, wie du liebevoller mit dir selbst umgehen kannst:

  1. Erkenne deine Gefühle an. Auch du bist ein Mensch – mit Grenzen und Bedürfnissen.

  2. Lass Schuldgefühle reden – aber nicht bestimmen. Sie zeigen oft, was dir wichtig ist. Nimm sie ernst, aber lass sie nicht regieren.

  3. Pflege deine eigenen Beziehungen. Freundschaften, Austausch, jemand, der einfach zuhört.

  4. Vertraue auf dein Kind. Es trägt eure Geschichte in sich. Und es entwickelt sich nicht trotz deiner Fehler – sondern auch wegen deiner Menschlichkeit.

  5. Feiere kleine Begegnungen. Ein Lächeln. Ein kurzes Gespräch. Ein gemeinsames Essen. Das ist Verbindung.

  6. Erlaube dir, loszulassen. Kontrolle ist eine Illusion. Beziehung entsteht durch Vertrauen, nicht durch Perfektion.

Du musst nicht mehr tun. Du musst nicht besser sein.
Du darfst einfach da sein. Das reicht.

Eine auch mal zweifelnde, überforderte, lernende Mama, die manchmal einfach nur durchatmet.

Sylvia Wichmann

Mail: s.wichmann@psychologische-beratung-list.de

Telefon: 01575 2567346

Podbielskistr. 139

30177 Hannover/List