Was ist schon perfekt?

Sind wir vielleicht schon so perfekt wie wir sind?

a pink flower with green leaves
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In einer Welt, die uns ständig vorschreibt, wie wir zu sein haben, was wir erreichen und wie wir aussehen sollen, stellt sich oft die Frage: Was ist eigentlich perfekt? Vielleicht liegt das Geheimnis darin, dass wir bereits perfekt sind, genauso wie wir sind. Doch warum fühlen wir uns dann oft unperfekt? Besonders in unseren engsten Beziehungen – in Partnerschaften – stellen Erwartungen und der Druck, diesen gerecht zu werden, eine große Herausforderung dar.

Große Erwartungen

Partnerschaften sind eine Quelle von Geborgenheit und Verbindung, aber auch ein Raum, in dem wir den hohen Erwartungen an uns besonders intensiv begegnen. Manchmal scheint es, als sei die Idee der „perfekten“ Partnerschaft fest in unseren Köpfen verankert: der perfekte Partner zu sein, der immer unterstützend, liebend, und attraktiv ist. Diese Ideale stammen oft aus romantischen Vorstellungen, die durch Filme, Bücher und gesellschaftliche Bilder geprägt wurden. In Wirklichkeit kann dieser Anspruch jedoch schnell zu einem Gefühl führen, den Erwartungen des Partners oder der Partnerin nicht gerecht zu werden.

Hinzukommt, dass wir manchmal an uns selbst Maßstäbe anlegen, die uns belasten und dazu bringen, uns nicht gut genug zu fühlen. In dem Bestreben, ein „perfekter“ Partner zu sein, hinterfragen wir ständig, ob wir genug tun, genug geben oder einfach gut genug sind. **Solange du noch versuchst, deinen Partner zu überzeugen, gut genug zu sein, glaubst du es dir vielleicht selbst nicht.** Dieses unaufhörliche Streben, Anerkennung zu finden, kann schnell zur Falle werden, in der wir uns selbst verlieren und unser wahres Selbst unter den Ansprüchen der Partnerschaft begraben.

Der Druck, den Erwartungen des Partners zu entsprechen

Eine Partnerschaft bedeutet oft, dass wir nicht nur mit den eigenen, sondern auch mit den Erwartungen des anderen konfrontiert sind. Vielleicht haben wir das Gefühl, immer stark sein zu müssen, Schwächen zu verbergen oder ständig emotional verfügbar zu sein. Besonders, wenn diese Erwartungen unausgesprochen bleiben, kann es leicht passieren, dass wir beginnen, uns anzupassen und eine Rolle zu spielen, um dem Idealbild des Partners oder der Partnerin zu entsprechen. Das Bedürfnis, nicht enttäuschen zu wollen und immer alles richtig zu machen, kann dazu führen, dass wir uns selbst verstellen und unser wahres Wesen verleugnen.

Dabei ist die Sorge, nicht genug zu sein, oft auch eine Frage des Selbstwertes. Wenn wir uns in einer Partnerschaft verbiegen, um gemocht oder geliebt zu werden, verlieren wir den Zugang zu unserer eigenen Identität. Das Streben nach Perfektion lässt uns im Stillen immer wieder hinterfragen: Bin ich wirklich genug, so wie ich bin?

Perfektion ist nicht der Schlüssel zu einer erfüllten Beziehung

Die Annahme, dass Perfektion das Ziel ist, steht einer authentischen Beziehung oft im Weg. In einer gesunden Partnerschaft geht es nicht darum, sich selbst zu verstecken oder alle Schwächen zu kaschieren. Wahre Nähe entsteht erst dann, wenn wir den Mut finden, unsere Ängste und Schwächen zu zeigen und zu akzeptieren. Perfektion ist eine Illusion – sie baut eine Fassade auf, die auf Dauer schwer zu tragen ist.

Statt den Ansprüchen gerecht zu werden, ist es vielleicht hilfreicher, unsere eigenen Erwartungen zu hinterfragen und ein Klima zu schaffen, in dem wir uns so zeigen können, wie wir wirklich sind. Eine erfüllte Partnerschaft gründet sich nicht darauf, dass beide perfekt sind, sondern dass sie sich gegenseitig in ihrer Menschlichkeit, mit all ihren Unvollkommenheiten, annehmen.

Ein Plädoyer für mehr Akzeptanz und Authentizität in Partnerschaften

Selbstakzeptanz und das Loslassen des Perfektionsanspruchs kann ein erster Schritt zu einer authentischen Beziehung sein. Wir müssen uns erlauben, ehrlich zu uns selbst zu sein und zu erkennen, dass wir nur in einer Partnerschaft, in der wir uns zeigen können, wie wir sind, wirklich wachsen und uns entwickeln können. Unsere Einzigartigkeit und die Vielfalt unserer Charakterzüge machen uns als Menschen aus und bereichern auch unsere Beziehungen.

Es ist wichtig, die Balance zwischen dem Wunsch, ein guter Partner zu sein, und der Selbstfürsorge zu finden. Wenn wir aufhören, uns selbst und unserem Partner vorzumachen, dass wir makellos sein müssen, schaffen wir einen Raum für Ehrlichkeit und echte Verbundenheit.

Die Suche nach Perfektion in Partnerschaften kann uns schnell in eine Spirale der Selbstzweifel führen. Doch vielleicht liegt wahre Nähe und Glück nicht darin, fehlerlos zu sein, sondern darin, sich so zu lieben, wie man ist – und den Partner ebenso anzunehmen. Wenn wir uns erlauben, nicht perfekt zu sein, öffnen wir die Tür zu echter Intimität und einer Partnerschaft, die auf Authentizität und Vertrauen gründet.

Vielleicht sind wir also tatsächlich perfekt, so wie wir sind – nicht im Sinne eines idealisierten Bildes, sondern als Menschen, die einander in ihrer Unvollkommenheit bereichern. In einer Welt voller Erwartungen ist das größte Geschenk, das wir uns selbst und unserem Partner machen können, die Freiheit, einfach wir selbst zu sein.

Was ist also schon perfekt? Vielleicht sind wir es, genau so, wie wir sind.

Sylvia Wichmann

Mail: s.wichmann@psychologische-beratung-list.de

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